Zwei Lochkameras mit dem Filmformat 6x6

Die ersten Erfahrungen mit einer Lochkamera habe mit einer umgebauten AGFA CLICK gemacht. Dieser einfachen 6x6 Rollfilmkamera aus den 1950er Jahren war das Objektiv entnommen und stattdessen eine Lochblende eingesetzt worden. Die Lochblende besteht aus einer 0,025 mm dünnen Messingfolie, in die mit einem Laser ein 0,3 mm Loch gebohrt worden ist. Das exakt runde und gratfreie Loch ermöglicht somit verzeichnungs- und beugungsfreie Abbildungen. Da bei Lochkameras nur Belichtungszeiten von mehr als einer Sekunde vorkommen, wurde der Verschluss so umgebaut, dass nur noch die Einstellung "beliebig" möglich ist. Da ansonsten alles Notwendige an der Kamera noch vorhanden ist, lässt sie sich auch ganz einfach handhaben: Stativgewinde, Drahtauslöseranschluss, sogar zwei eingebaute Filter (gelb und orange) und vor allem ein großer Sucher. Nur nach jeder Aufnahme muss man konsequent den Film weiterdrehen, denn sonst gibt es ungewollte Doppelbelichtungen. Da die Rückwand des Kunststoffgehäuses wirklich lichtdicht abschließt, lässt sich mit dieser Lochkamera sehr verlässlich fotografieren.

Technische Daten
Umgebaute AGFA CLICK


Lochdurchmesser: 0,3 mm
Dicke der Lochblende: 0,025 mm
Bildweite: 60 mm - Mittelwert
(das ist der Abstand vom Loch zur
Filmebene in der Mitte 54 mm bzw.
bis in die Ecke des 6x6 Bildes 67 mm,
also Mittelwert 60 mm)

Blende: 200

Bildwinkel: 75°
Negativformat: 6x6
Lochkamera Click
Lochblende Click







Eine weitere Möglichkeit mit einer Lochkamera zu arbeiten, ergibt sich durch die Verwendung einer Pinhole-Blende an der Hasselblad 500 C/M. Anstelle eines Objektivs wird eine speziell dafür angefertigte Blendenscheibe mit Bajonett-Anschluss in das Kameragehäuse eingesetzt. Bei dieser Konstruktion an einer Spiegelreflex muss zwangsläufig auf den Blick durch den Lichtschacht verzichtet werden. Demzufolge wird zuerst das Motiv mit dem Objektiv am Gehäuse eingestellt, dann folgt der Austausch des Objektivs gegen die Lochblende - und die Lochkamera ist nun zum Einsatz bereit. In diesem Fall ist ein 0,38 mm kleines Loch in eine 0,03 mm dünne Edelstahlfolie gelasert worden. Hinsichtlich der Bildqualität ist diese "Edel-Lochkamera" um keinen Deut besser als die oben beschriebene einfache Ausführung der umgebauten AGFA CLICK. Wie sollte es auch anders sein? Da ein Objektiv hier keine Rolle spielt, sondern es nur darauf ankommt, dass das kleine Lichtstrahlbündel unbeeinflusst ins Innere des Kameragehäuses gelangt, um auf dem Film sein Abbildungswunder zu vollbringen.

Technische Daten
Skink Pinhole Pancake
für Hasselblad


Lochdurchmesser: 0,38 mm
Dicke der Lochblende: 0,03 mm
Bildweite: 78 mm - Mittelwert
(das ist der Abstand vom Loch zur
Filmebene in der Mitte 73 mm bzw.
bis in die Ecke des 6x6 Bildes 83 mm,
also Mittelwert 78 mm)


Blende: 205
Bildwinkel: 61°
Negativformat: 6x6


Hasselblad-Pancake
Hasselblad Pancake








Ermittlung der Belichtungszeit

Entsprechend dem Blendenwert der Lochkamera ist für die Belichtung ein Verlängerungsfaktor V zu ermitteln. Als Referenzgröße für die Umrechnung auf die Verhältnisse einer Lochkamera dient diejenige Belichtungszeit, die sich bei einer bestimmten Blende
für eine normale Kamera mit Objektiv ergeben würde. Ich orientiere mich z. B. an Blende 16. Der Verlängerungsfaktor wird aus der einfachen Rechnung  V = (Blende der Lochkamera geteilt durch 16)2 ermittelt.

Beispiel AGFA CLICK

Berechnung des Verlängerungsfaktors V

V = Verlängerungsfaktor
fLK = Blende der Lochkamera    
fBeli = Referenzblende des Belichtungsmessers


V = (fLK / fBeli)2

V = (200 / 16)2

V = 156



Anwendung:
Wenn bei Blende 16 z. B. eine Belichtungszeit von 1/60 gemessen wird, bedeutet das für die Lochkamera:
156 *  1/60    = 2,6 Sekunden

Beispiel Pinhole Pancake an Hasselblad

Berechnung des Verlängerungsfaktors V

V = Verlängerungsfaktor
fLK = Blende der Lochkamera    
fBeli = Referenzblende des Belichtungsmessers


V = (fLK / fBeli)2

V = (205 / 16)2

V = 164



Anwendung:
Wenn bei Blende 16 z. B. eine Belichtungszeit von 1/60 gemessen wird, bedeutet das für die Lochkamera:
164 *  1/60    = 2,7 Sekunden



Für beide Kameras ergeben sich in etwa die gleichen Belichtungszeiten. Es genügt also, wenn bei beiden Kameras ein gemittelter Verlängerungsfaktor von V = 160 berücksichtigt wird.

Die exakten Berechnungsergebnisse werden für die Praxis ab- oder aufgerundet, da es hier auf Bruchteile von Sekunden ohnenhin nicht ankommt. Wenn aber deutlich längere Belichtungszeiten erforderlich sind, dann ist bei SW-Filmen auf jeden Fall der Reziprozitätsfehler (sog. Langzeitverhalten) zu berücksichtigen. Der Astronom Karl Schwarzschild stellte 1899 fest, dass mit zunehmender Belichtungszeit, die fotografische Schicht immer unempfindlicher wird (Schwarzschildeffekt). Demzufolge müssen die gemessenen Belichtungszeiten beträchtlich verlängert werden, wie beispielsweise aus der Belichtungstabelle hervorgeht.
Belichtungstabelle




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